Die Berufswelt der Zukunft
Große Chancen, aber auch Herausforderung für eine Zeit, in der neue Berufe entstehen und alte verschwinden. Die Jobs der Zukunft erfordern Spezialisierung, Kreativität und analytische Fähigkeiten.
Aktuell sind wir in einem Arbeitnehmerarbeitsmarkt, in dem die Arbeitnehmer in der Position sind, sich die Jobs auszusuchen. Trotzdem zählt die Qualifikation. „Durch die Arbeitsmarktsituation und den massiven Fachkräftemangel gibt es zwar bessere Chancen, das heißt aber nicht, dass alle Arbeitslosen auch leichter einen Job finden“, so Roland Löffler vom Österreichischen Institut für Berufsbildungsforschung. „Es ist natürlich eine Frage der Kompetenzen und der Berufe, die nachgefragt werden.“
Was muss man können?
„Berufsübergreifende Kompetenzen im sozialen, aber auch im personalen Bereich werden zunehmend an Bedeutung gewinnen“, so Löffler, „das sind Schlagworte wie Teamfähigkeit, Konfliktlösung, Empathie, analytisches Denken, Kreativität, Resilienz oder auch Flexibilität.“
Die Fähigkeit, mit dem Gegenüber zu kommunizieren, die menschliche Kommunikation und Empathie wird in einem Arbeitsmarkt, in dem die künstliche Intelligenz (KI) immer weiter vorprescht, unser großer – wahrscheinlich auch der einzige – Wettbewerbsvorteil sein. „Soziale Kompetenzen sind lernund vermittelbar“, so Löffler, „diese gilt es schon ab der Elementarpädagogik zu fördern. Dazu auch rhetorische Kompetenzen, die es ermöglichen, sich seinem Gegenüber adäquat mitzuteilen, sich auszutauschen oder zu verhandeln. Gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift sind das A und O – und das betrifft nicht nur Personen mit Migrationshintergrund.“
Auch eine oder mehrere Fremdsprachen auf gutem Niveau zu beherrschen ist essenziell: „Englisch ist in vielen Bereichen unerlässlich – und das auch in einer berufspraktischen Ausbildung“, so der Experte. „Alles, was IT betrifft, ist sowieso englisch dominiert – aber auch im Produktionsbereich, bedingt durch die Globalisierung und das Verwenden von Komponenten aus unterschiedlichsten Ländern, braucht es fundierte Englischkenntnisse.“
Ökologisierung und Nachhaltigkeit
„Was wir als große Entwicklungslinie bei den Berufen sehen, ist der Aspekt der Nachhaltigkeit und ökologischer Transformation“, so Löffler, „und da geht es nicht nur um die sogenannten Die Berufswelt der Zukunft Roland Löffler, MA Projektleiter mit Schwerpunkt Arbeitsmarktforschung (Österreichisches Institut für Berufsbildungsforschung) Foto: René Puglnig/be free – stock.adobe.com Foto: KK Jahresausgabe 2024 Seite 87 Green Jobs, die jetzt vermehrt auftreten. Auch der gesamte Bausektor ist davon mitbeeinflusst, da sowohl bei Neubauten als auch bei Sanierungen diese ökologischen Aspekte immer mehr zum Tragen kommen.“ Nachhaltigkeit trifft viele unterschiedliche Branchen, nur eine davon die Lebensmittelproduktion. „Laufend entstehen neue Unternehmen, die sich etwa auf den Aspekt des Wiederverwertens oder des Verwertens von Produkten, die nicht auf den ersten Konsumentenmarkt kommen, spezialisieren“, so Löffler. „Dieser ökologische Aspekt trifft im Grunde aber die gesamte industrielle Produktion, die durch die Energiekrise zu einer Neuorientierung gezwungen wird. Hier sind künftig ganz stark Kompetenzen und Qualifikationen gefragt.“
Modulare Berufsbildung als großer Trend der Zukunft
„Aus unserer Sicht wird der Arbeitsplatz der Zukunft viel stärkeren Transit-Charakter haben“, so Löffler, „was bedeutet, dass wir nicht nur innerhalb des Berufsfeldes öfter wechseln werden, sondern auch die Neuorientierung zu anderen Berufen hin stark zunimmt. Schlagwort ‚Lebenslanges Lernen‘ steht im Fokus, denn es steigt die Notwendigkeit, auch im Haupterwerbsalter noch neue Berufe zu erlernen.“
Arbeitnehmer üben auch jetzt schon nicht mehr ein Leben lang nur den einen erlernten Beruf aus. Bei den Lehrlingen von heute sind zwei Jahre nach Lehrabschluss nur noch 60 Prozent in der Branche, in der sie gelernt haben. Flexibilisierung der Arbeit wird zum Slogan der Zukunft. Menschen werden in verschiedenen Feldern parallel und in unterschiedlichen Beschäftigungsmodellen tätig sein – meist in einer Mischung aus Selbstständigkeit und Unselbstständigkeit. „Generell geht der Trend weg von Einzellehrberufen hin zu Schwerpunktberufen oder ModulLehrberufen“, so Löffler. „Aber auch in der vollschulischen Ausbildung ist der Trend absehbar, dass man zwar einen Hauptberuf hat, aber auch Ausbildungen aus anderen Berufen, die eine Zusatzqualifikation darstellen und so eine flexible Einsetzbarkeit möglich machen.“
Text: Gerlinde Tscheplak