Den anderen mitdenken
Mehr als nur ein „Hobby“ ist Freiwilligenarbeit für die Menschen, die sie leisten. Es ist ein Akt der Solidarität – eine Haltung, die auf dem eigenen Lebensweg ständige Begleiterin ist. Vier dieser ehrenamtlich tätigen Menschen holen wir hier vor den Vorhang.
Er hat die „Feuerwehr-Matura“ Martin Oberrauner aus Bad Bleiberg ist seit 1998 bei der Freiwilligen Feuerwehr. Der Träger des Feuerwehrleistungsabzeichens in Gold ist Vater eines 15-jährigen Sohnes und selbständig. Zur Feuerwehr kam er über die Vorbildwirkung seiner Freunde: „Als ich gesehen habe, was die Leute dort leisten, hat mich das vom ersten Moment an beeindruckt.“ 50- bis 60-mal im Jahr ist er im Einsatz. Aufzuhören sei keine Option, aber es brauche viel Idealismus. Zu verdauen hatte er in all den Jahren einiges: „Einmal habe ich durch Zufall ein Kind entdeckt und gerettet, das mit dem Schlitten in einen Bach gefallen war und sich nicht mehr selbst befreien konnte. Solche Erlebnisse erinnern dich daran, warum du diese Arbeit machst“, zeigt sich Oberrauner nachdenklich.
Zeit als wichtigstes Gut
Freiwillig engagiert in der Hospizbegleitung der Caritas Kärnten ist Judith Kulle, Mittelschul-Lehrerin in Feistritz/Drau. Je nach Lebensphase des Abschieds zählen zu ihren Aufgaben Hilfestellung in Alltagsbelangen zu geben, Spaziergänge zu machen oder schwierige Situationen gemeinsam auszuhalten. Manchmal ist sie aber auch einfach nur „da“ und hört zu. Die Ausbildung zur mobilen Hospizbegleiterin absolvierte sie 2017: „Manche Menschen in Pflegeeinrichtungen fühlen sich einsam. Mein Besuch ist dann ein Fixpunkt, auf den sie sich freuen können.“
Auch das Pflegepersonal sei dankbar für das Engagement aus der Zivilbevölkerung, wovon es aber zweifelsohne mehr braucht. „Diese Tätigkeit ist jedoch nur dann von Qualität, wenn man sich dafür Zeit nehmen kann und will“, weiß Judith Kulle.
Ein bisschen 68er-Mentalität
Wolfgang Wögerer war knapp 30 Jahre lang als Manager für einen börsennotierten Konzern im Ausland unterwegs. Seit 2018 ist der Pensionist ehrenamtlicher Lernhelfer im Villacher Lerncafé der Caritas. Die SchülerInnen kommen aus Volksschulen, Mittelschulen, aber auch aus höheren Schulen, meist mit Migrationshintergrund. Wögerer: „Die Kinder arbeiten selbständig, verstehen aber oft den Lernstoff nicht, dann kommen wir zum Einsatz.“ Der strukturierte Tagesablauf und der soziale Faktor seien das Allerwichtigste. „Mein Leben war stets privilegiert, meine Arbeit hier sehe ich als Chance für weniger privilegierte Kinder. Ich will meine Freizeit sinnstiftend bestreiten, da kommt sicher auch ein bisschen die 68er-Mentalität durch“, schmunzelt Wolfgang Wögerer.
Jede(r) kennt den „Gulasch-Sigi“
Der gebürtige Gödersdorfer Sigi Truppe, besser bekannt als „Gulasch-Sigi“, ist bei der Asfinag beschäftigt, hat aber auch abgesehen davon alle Hände voll zu tun. Über den Vater kam er in den 1970er-Jahren zum Roten Kreuz und absolvierte dort die Ausbildung zum Sanitäter. Im Jahr 1984 überredete ihn damals ein befreundeter Arzt, einer Angelobung des Bundesheeres beizuwohnen, wo Frankfurter aus einer Feldküche heraus kredenzt wurden.
Sigis Interesse dafür flammte sofort auf, und der Vizeleutnant sah in ihm gleich den nächsten Chefkoch der Feldküchen: „Ich bin zwar gelernter Maurer, wollte aber immer schon Koch werden, also nahm ich die Herausforderung an.“ Eine Herausforderung, die ihn seit 37 Jahren begleitet und die Sigi mittlerweile anders auf das Leben blicken lässt. 1999 war er über das Rote Kreuz fast zwei Monate in Albanien stationiert. Besonders bei Katastropheneinsätzen wird nach ihm und seinem Team gerufen, meistens kärntenweit, aber auch darüber hinaus. Sigi Truppe: „Ich koche da, wo ich gebraucht werde. Das ist meine Berufung.“
Wenn Menschen sich für andere einsetzen, bleibt am Ende mehr als ein gutes Gefühl: nämlich das Wissen darum, handlungsfähig zu sein und die Zukunft mitzugestalten, indem die „anderen in den eigenen Handlungen mitgedacht werden“, wie Hannah Arendt sagen würde.
Text: Jaqueline Rauter