Pflege in Kärnten: Ein Gespräch mit LR Beate Prettner
Wir werden älter. Das kann schön sein, bringt aber immer mehr Probleme mit sich. Viele ältere Menschen brauchen Pflege, und in vielen Familien führt das zu Unstimmigkeiten.
Landesrätin Dr. Beate Prettner erläutert VILLACH exclusiv Neuerungen und den Ist-Zustand im Pflegesystem.
Vorstellung der Pflegemodelle
Die Pflege hat viele Gesichter – mit den unterschiedlichsten pflegerischen Bedarfen. Schon die sieben Pflegegeldstufen machen das deutlich. Ziel meiner Pflegepolitik ist es, für alle Bedürfnisse die „richtigen“ Angebote zur Verfügung zu stellen. Für den einen ist das betreute Wohnen, für den anderen eine Tagesstätte, für den einen mobile Dienste, für den anderen ein alternativer Lebensraum; wieder ein anderer benötigt und möchte in einem Pflegeheim leben, der andere will eine 24-Stunden-Betreuung. Es wäre ein schwerer Fehler, eine Pflegeform gegen die andere auszuspielen – sie sind schlichtweg nicht miteinander vergleichbar!
Stationäre Betreuung
In den 76 Kärntner Pflegeheimen (plus ein Demenzzentrum, MaVidaPark Velden) gibt es etwas mehr als 5600 Plätze, beschäftigt sind hier 2900 MitarbeiterInnen. Zudem gibt es 22 Alternative Lebensräume mit 108 Plätzen und 36 MitarbeiterInnen. Zudem bietet das Land Kärnten Kurzzeitpflegebetten an als Entlastungsmaßnahem für pflegende Angehörige! Pro Klient können 28 Tage pro Jahr an kostenloser Kurzzeitpflege in Anspruch genommen werden. Darüber hinaus stellt das Land Übergangspflegebetten zur Verfügung. Alternative Lebensräume sind für Betroffene der Pflegestufe 0 bis 3 gedacht; sie sind also niederschwellige Betreuungseinrichtungen für Personen, die nicht überwiegend der Betreuung und Hilfe bedürfen. Tageszentren (fallen in den teilstationären Bereich): 13 mit 165 Plätzen; in den teilstationären Bereich fallen auch betreute Wohnformen mit Alltagsmanager.
Mobile Dienste
Kärnten hat mit zwölf Trägerorganisationen Verträge für mobile Dienste abgeschlossen. Diese zwölf Träger betreuen mit 1900 MitarbeiterInnen rund 10.000 KlientInnen pro Jahr. Die Leistungsverträge umfassen knapp eine Million Stunden jährlich. Der Leistungsumfang soll schrittweise auf 1,3 Millionen Stunden erweitert werden. Zur mobilen Betreuung zählen auch die zehn GPS (Gesundheits- und Pflegeservice), die in allen Bezirkshauptmannschaften bzw. Magistraten angesiedelt sind und selbstverständlich auch vor Ort, bei den Betroffenen zu Hause, Dienst versehen. Sie betreuen pro Jahr rund 1800 KlientInnen.
24-Stunden-Betreuung
Die aktuellen Zahlen: Wie der Name schon sagt, handelt es sich bei der 24-Stunden-Betreuung nicht um Pflege, sondern um Betreuung. Rund 6,5 Prozent der Personen, die Bundespflegegeld beziehen, nehmen eine 24-Stunden-Betreuung in Anspruch, das sind ca. 2250 Menschen.
Finanzierung und Förderungen im Pflegebereich
Heimunterbringung bedeutet hochprofessionelle Pflege von ebenso ausgebildeten Fachkräften rund um die Uhr – 197 Millionen Euro. Betreuung zu Hause (mobile Dienste) – 40 Millionen Euro. Betreuung zu Hause (24-Stunden-Betreuung): Es handelt sich dabei um eine bundesweite Regelung. Außer Burgenland und Vorarlberg folgen alle Bundesländer (noch) dieser Regelung, die den Betroffenen – abgesehen vom Pflegegeld gemäß der Pflegegeldstufe – 550 Euro pro Monat zuspricht. Kärnten setzt sich massiv für eine deutliche Anhebung des Pflegegeldes in allen(!) Pflegestufen ein; als Alternative mobilisiert Kärnten für eine höhere Förderung kleinerer Pensionen.
Neuerungen in der Pflege und Betreuung in Kärnten
Pflegenahversorgung, Projekt und Umsetzung: Die „Pflege der Zukunft“ beginnt bei der Prävention – sprich bei jenen Maßnahmen und Vorkehrungen, die Pflege so lange wie möglich hinauszögern bzw. auf einem niederschwelligen Niveau halten. Ziel muss es sein, älteren Menschen ein Leben in den eigenen vier Wänden so lange es geht zu ermöglichen. Je früher wir zu den Menschen hinkommen, desto mehr können wir steuern. Um das zu erreichen, haben wir mit einem neuen Pflegemodell begonnen. Erstmals setzt die Pflege VOR dem tatsächlichen Pflegbedarf an – und das vor Ort! Es geht um die Pflegenahversorgung. Es ist ein aktives / ein aufsuchendes / ein vorausschauendes / ein präventives und damit ein kostendämpfendes Pflegemodell.
Wie funktioniert die Pflegenahversorgung?
Auf eine große Gemeinde oder mehrere kleinere Gemeinden kommt ein Sozialkoordinator, der alle älteren Menschen erfasst, kennt und um deren Bedürfnisse Bescheid weiß. Er ist vor Ort und weiß, was benötigt wird. Er lotet also den tatsächlichen Pflegebedarf aus, organisiert Hilfen und Unterstützungen, Fahrdienste, Arztbesuche, vermittelt, ist Bindeglied zwischen Region und Land etc.
Gütesiegel ÖQZ 24 (Qualitätssicherung in der 24-Stunden-Betreuung)
Kärnten ist mit Niederösterreich im Bereich des Qualitätsmanagements in der stationären Pflege österreichweit führend. Qualitätskriterien für die 24-Stunden-Betreuung wurden von der zuständigen Bundesministerin Beate Hartinger-Klein vor einem Jahr angekündigt. Ein Vorhabensplan wurde präsentiert. Das Problem ist, dass dieser auf Freiwilligkeit seitens der Agenturen beruht. Kärnten wird sich in der Begutachtung für Verbesserungen und Verschärfungen einbringen.
Text: Hans Messner